Endlich wieder Urlaub
Der Sommer ist da! Und Reisen ist wieder fast ohne Einschränkungen möglich, sowohl international als auch hierzulande. Das 9-Euro-Ticket, das eigentlich für Entlastung angesichts hoher Spritpreise sorgen sollte, hat zudem einen schönen Nebeneffekt: Urlaub in Deutschland wird noch attraktiver. Besitzer und Investoren von Ferienimmobilien haben also Grund zur Freude.
finanzwelt 07/2022
Der „Marktbericht Deutschland 2022 – Ferienimmobilien“ von Engel & Völkers bestätigt einen anhaltenden Trend: Die Pandemie hat den Tourismusmarkt nachhaltig verändert. Durch Reisebeschränkungen sind viele Menschen in 2020/21 auf Urlaubsziele in Deutschland ausgewichen. Im letzten Jahr erreichten die Übernachtungen in Ferienimmobilien 42,6 Millionen. Damit liegt 2021 hinter 2018 und 2019, liefert aber dennoch den dritthöchsten Wert seit dem Beginn der Erfassung im Engel & Völkers Marktbericht. „Die Corona-Pandemie hat den deutschen Ferienimmobilienmarkt nachhaltig geprägt und für einen Boom gesorgt: Urlaub im eigenen Land ist so attraktiv wie nie zuvor und das Kaufinteresse nach Ferienhäusern ist in allen heimischen Urlaubsregionen auf ein Rekordhoch gestiegen. Aufgrund des hohen Nachfrageüberhangs bei sehr limitiertem Objektangebot wurden für alle Standorte und Marktsegmente Preiszuwächse sowie teils deutliche zweistellige Preissprünge registriert“, erklärt Kai Enders, Geschäftsführer von Engel & Völkers. Ähnliches hat auch Fabian Schuster, Geschäftsführer der CAPRI CONSULT GmbH, beobachtet. Die Lockdowns sorgten laut ihm anfangs für große Unsicherheit. Die Mietpreise seien trotzdem gestiegen, weil so viele Menschen Urlaub in Deutschland gegenüber Fernreisen bevorzugten.
„Das haben wir vor allem bei unseren Kunden gemerkt, die vorrangig an den norddeutschen Küsten investiert sind“, erläutert Schuster. „Die Statistiken des dwif Corona-Kompass sagen, dass im Jahr 2021 insgesamt ca. 185 Millionen weniger gewerbliche Übernachtungen stattgefunden haben als in 2019. Im Durchschnitt entspricht das einem Minus von 37,4 %. Jedoch ist die Entwicklung regional sehr unterschiedlich. Während Schleswig-Holstein nur rund 10 % weniger Übernachtungen als 2019 verzeichnet hat, waren es in Berlin 59 %. Sinkende Kaufpreise gab es nicht – eher das Gegenteil war der Fall. Bei vielen Investoren oder Menschen, die einfach nur ein latentes Interesse am Investment in Ferienimmobilien hatten, ist der Fokus auf diese Assetklasse durch die Pandemie deutlich verstärkt worden.“ Trotz der niedrigeren Übernachtungszahlen als in den Jahren vor Corona (2018/19) sorgte die erhöhte Nachfrage also für Preiszuwächse bei den Mieten und Verkäufen am Markt.
Saisonalität entfällt
Der Engel & Völkers-Marktbericht zeigt auch, dass Veränderungen in der Arbeitswelt zusätzlich Einfluss auf den Ferienimmobilienmarkt genommen haben. „Ein aktueller Trend, der insbesondere durch die Corona-Pandemie verstärkt wurde, ist die ganzjährige Nutzung von Ferienimmobilien“, führt Kai Enders aus. „Die Grenzen zwischen Erst- und Zweitwohnsitz verschwimmen zunehmend, da viele Eigentümer durch 9-Euro-Ticket nun auch abseits der Hochsaison Zeit in ihren Ferienhäusern verbringen können. Viele arbeiten heute beispielsweise von ihrem Ferienhaus an der Ostsee aus und kommen nur einmal im Monat ins Büro. Diese Entwicklung wirkt sich nicht nur positiv auf die Wirtschaft vieler Urlaubsorte aus, sondern steigert auch die Attraktivität von Ferienimmobilien hierzulande als wertstabile Anlageklasse.“ Die Nutzung von Ferienimmobilien ist durch Homeoffice-Optionen und dem erhöhten Wunsch nach Flexibilität nach den Einschränkungen der letzten beiden Jahre also nicht mehr ausschließlich auf bestimmte Jahres- oder Ferienzeiten begrenzt.
Stabiler Markt gleich gutes Investment?
In unsicheren Zeiten erscheint eine Ferienimmobilie also nicht nur für den eigenen Urlaub als gute Investition. Schuster stuft sie jedoch aufgrund ihrer komplexen Finanzierung, Vermarktung und schwankender Cashflows als weniger geeignete Investments für Immobilien-Einsteiger ein. „Für erfahrenere Investoren können sie aber eine hervorragende und spannende Ergänzung zum Portfolio darstellen“, so Schuster. Aus seiner Sicht gestalteten sich Verwalterkonzepte in Bezug auf Kosten und Rendite deutlich vorteilhafter als Betreiberkonzepte. „Außerdem sollte man als Investor einer Ferienimmobilie grundsätzlich ein wenig Liquidität für unvorhergesehene Kosten auf die Seite legen. Dazu zählen insbesondere Kosten, die durch den Gebrauch auftreten, also der Verschleiß von Ausstattung oder Geräten. Ich empfehle grundsätzlich, einen erfahrenen Berater für das Ferieninvestment-Konzept an Bord zu holen.“ Kai Enders empfiehlt Interessenten, sich bewusst zu werden, ob eine Ferienimmobilie als Renditeobjekt oder zur Eigennutzung erworben werden soll. Für ein Investment mit guten Renditechancen rät er, Aspekte wie Lage, Auslastung und Vermietbarkeit zu prüfen. Top-Lagen bieten gute Chancen auf eine Wertsteigerung und eine entsprechende Rendite beim Weiterverkauf.
Beide Immobilien-Experten gehen von einer weiteren positiven Entwicklung für den deutschen Ferienimmobilienmarkt aus. Der Trend „Landlust“ hält unabhängig von der Pandemie auch unter Aspekten wie Nachhaltigkeit und Risiken von Auslandsimmobilien weiter an. Schuster könne ein entsprechendes begleitetes Investment nur empfehlen. Enders meint abschließend: „Trotz der gestiegenen Hypothekenzinsen sowie einer strengeren Bewertung von Immobilien durch die Banken gehen wir mittelfristig von weiteren Preissteigerungen auf moderatem Niveau aus.“ (lb)